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I. Einleitung über Hüftarthrose (Coxarthrose)

 


  
1.1 Allgemein über Coxarthrose

Die Hüftgelenke sind die mit am meisten belasteten Gelenke des menschlichen Körpers. Aufgrund des aufrechten Ganges des Menschen tragen sie das gesamte Gewicht des Rumpfes. Das Hüftgelenk besteht aus der Hüftpfanne (Acetabulum = „Essigschälchen; aus dem Lateinischen nach ihrer markanten Form) im Beckenknochen und dem Hüftkopf des Oberschenkelknochens.

Anders als das Kniegelenk das in der Hauptsache durch Bänder, Muskeln und den Meniskus stabilisiert wird, besitzt das Hüftgelenk eine knöcherne Führung, die Hüftpfanne. Sowohl die Hüftpfanne, als auch der Hüftkopf sind mit einer Knorpelschicht überzogen. Bei Bewegung gleiten die beiden Knorpelschichten aufeinander und gewährleisten eine reibungslose Bewegung. Straffe Bandsysteme fixieren zudem den Hüftkopf in der Hüftpfanne. Eine wichtige Rolle spielt die Muskulatur der Hüfte, die ebenso für eine Fixation des Hüftkopfes in der Hüftpfanne sorgt, sowie eine Geradestellung des Beckens und somit den Stand auf zwei Beinen und den aufrechten Gang gewährleistet. Das Hüftgelenk kann wie jedes Gelenk nur optimal funktionieren, wenn alle seine Bestandteile gesund sind. Ist das Gelenk einmal geschädigt, folgt der Verschleiss.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass schon ab dem 30. Lebensjahr bei allen Gelenken des menschlichen Körpers Veränderungen feststellbar sind, die dem zunehmenden Alterungsprozess des Binde und Stützgewebes entsprechen. Schon ab dem 40. Lebensjahr sind bei der Hälfte der Bevölkerung im Röntgenbild degenerative Gelenksveränderungen (= durch Verschleiss bedingte Veränderungen) feststellbar. Da wir Menschen im Durchschnitt immer älter werden nimmt die Rolle der Verschleisserkrankungen mehr und mehr zu. Somit kann man feststellen, dass jeder Mensch Arthrosen entwickelt. In der Orthopädie nimmt die Behandlung der Hüftgelenksarthrose, auch Coxarthrose genannt, eine immer bedeutendere Stellung ein.

1.2. Was ist eine Coxarthrose?

Hierbei handelt es sich um eine in Stadien verlaufende degenerative Gelenkserkrankung des Hüftgelenkes. Dabei geht der für die Funktion des Gelenkes wichtige Knorpel mehr und mehr zugrunde. Als Folge des fehlenden Gelenkknorpels reibt bei Bewegung im Gelenk überspitzt ausgedrückt Knochen auf Knochen. Dies führt sekundär zu Veränderungen des Knochens und zu entzündlichen Veränderungen der Gelenkskapsel und der umgebenden Weichteile.

Man unterscheidet sogenannte primäre Arthosen von sekundären Arthosen. Die exakten Entstehungsmechanismen (= Pathogenese) der  primären Coxarthrose sind bis heute noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass multiple Faktoren wie angeborene Fehlstellungen, biochemische Abnormalitäten und genetische Defekte die Entstehung der Coxarthose begünstigen. Jüngste Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet zeigen, dass angeborenen Fehlstellungen im Hüftgelenk, wie Rotationsfehlstellungen des Femurs (sog. Ante- bzw. Retroversion des Schenkelhalses), Fehlstellung der Hüftpfanne (Acetabulum), Fehlanlage der Form des Schenkelhalses oder der Hüftpfanne (Hüftdypalsie) als die eigentlichen Ursachen einer primären Coxarthose anzusehen sind (zur Lokalisation der genannten anatomischen Strukturen siehe Abbildung 1).

Dies ist insofern eine wichtige Erkenntnis, als dass diese mechanischen Ursachen bei einer frühzeitigen Diagnose in sogenannten gelenkserhaltenden Operationen behoben werden können, und somit eine Arthose des Hüftgelenkes vermieden werden kann; das heisst eine spätere Hüftprothesenimplantation ist unter Umständen nicht mehr nötig. Die sekundäre Hüftarthrose kann auf dem Boden von stoffwechselbedingten Störungen, Fehlbelastungen aufgrund Fehlstellungen im Gelenk (z.B. „O-Beinen“) oder erblich bedingten Wachstumsstörungen des Gelenkes (z.B. Morbus Perthes, etc.), Unfallfolgen (Knochenbrüche), Entzündungen oder altersbedingten Veränderungen entstehen.

  Abbildung 1: Primären Coxarthose: Während man den Knorpelzustand beim gesunden Hüftgelenk (A) am glatten, gleichmässig ausgeformten Gelenkspalt erkennt, ist der Gelenkspalt beim erkrankten Hüftgelenk (B) durch Knorpelverlust viel schmäler geworden oder
Abbildung 1: Primären Coxarthose: Während man den Knorpelzustand beim gesunden Hüftgelenk (A) am glatten, gleichmässig ausgeformten Gelenkspalt erkennt, ist der Gelenkspalt beim erkrankten Hüftgelenk (B) durch Knorpelverlust viel schmäler geworden oder sogar völlig verschwunden. Ebenso ist in (B) gut die Osteophytenbildung, die Deformation des Hüftkopfes, die subchondrale Sklerosierung und die Zystenbildung zu erkennen.

 

1.3 Krankheitsverlauf

Der Verlauf einer degenerativen Gelenkserkrankung ist langsam fortschreitend und anhand der Befunde und Beschwerden des Patienten in verschiedene Stadien eingeteilt. Zu Beginn der Erkrankung steht der Elastizitätsverlust des Gelenkknorpels der Hüfte. Im Röntgenbild sind die ersten Zeichen eine Höhenabnahme des Knorpelgewebes (sichtbar in einer Verschmälerung des Gelenkspaltes). In diesem frühen Stadium der Coxarthrose klagen die Patienten häufig über belastungsabhängige Schmerzen, die vom Gelenkraum selbst, oder auch von den gelenkumgebenden Weichteilen wie Muskeln, Sehnen und Bändern ausgehen können.

Bei schmerzhaften Überlastungen des Gelenkes entstehen Muskelverspannungen, die der Schonung der gefährdeten Gewebe dienen. Da sich die Schmerzen aus dieser Muskulatur durchaus fern vom Gelenk abspielen können wird die Coxarthrose im Frühstadium häufig als „rheumatische Erkrankung“ fehlinterpretiert. Die krankhafte Veränderung des Arthrosegelenkes können im Röntgenbild dargestellt werden (siehe Abbildung 1).

Das zweite Stadium im Verlauf ist durch eine Spaltbildung im Gelenkknorpel selbst und eine Verdichtung der knöchernen Strukturen, die unmittelbar an die Knorpelschicht der Gelenksfläche angrenzen (sog. „subchondrole Sklerosierung“, siehe Abbildung 1). Durch den  Schaden des Knorpels entstehen an den Gelenksflächenrändern Schub- und Scherkräfte, die zur Ausbildung wulstartiger Knochenvorsprünge führen (sog. „Osteophyten“). Das zweite Stadium ist gekennzeichnet durch Schmerzen im Hüftgelenk bereits bei Bewegung. Der von Patienten bei aktiver Bewegung beschriebene Schmerz stammt aus der Muskulatur und den Ansatzpunkten der Sehnen. Dieser Schmerz ist Ausdruck der sich bei dem zugrundeliegenden Prozess entwickeltenden Muskelverspannung, Muskelhärte und schliesslich krankhafter Verkürzung der Muskulatur (Kontraktur). In diesem Stadium nimmt der Schmerz bei Gebrauch des Gelenkes ab. Deshalb wird er auch als Anlaufschmerz oder Einlaufschmerz bezeichnet, da er sich nach zurücklegen einer kurzen Wegstrecke zurückbildet.

Das dritte Stadium ist durch den fortschreitenden Abrieb des Gelenkknorpels gekennzeichnet, wodurch die kraftaufnehmende Fläche im Hüftgelenk immer kleiner wird. Dies hat zur Folge, dass sich unter den maximal beanspruchten Gelenksflächenarealen Knochen zurückbildet. Dieser „weiche“ Knochen kann den Belastungen nicht mehr Stand halten. Somit entstehen unter dem Druck kleine flüssigkeitsgefüllte Freiräume im Knochen, sogenannte Zysten. Wenn der Knorpel in Bereichen des Hüftgelenkes vollständig verschlissen ist, reibt Knochen auf Knochen. Dies führt zu Knochenabschliff. Der menschliche Organismus „realisiert“ diese krankhaften Veränderungen und versucht gegenzusteuern, indem vermehrt neue Knochensubstanz gebildet wird. Doch kann der Knochen nicht dort angebaut werden, wo er gebraucht wird, da diese Region unter ständiger Belastung steht (aus diesem Grund werden Frakturen neben der Schmerzreduktion mit einem Gips ruhiggestellt), somit wird er an weniger belasteten Stellen angebaut, nämlich am Gelenkrand. Dies führt zu vermehrten Osteophytenbildung.

Das dritte Stadium der Coxarthrose ist gekennzeichnet durch Schmerzen in Ruhe und Bewegungseinschränkung im betroffenen Hüftgelenk. Die Bewegungseinschränkung liegt zum einen in der durch die entzündliche Reaktion der gelenksnahen Weichteile und deren Verkürzung, als auch in der Zerstörung, Deformation der Gelenkstruktur selbst begründet. Auf dem Boden dieser Deformitäten entwickeln sich Achsenfehlstellungen, die die Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Beines zusätzlich einschränken. Aufgrund der verminderten Gebrauchsfähigkeit des Beines bildet sich die Muskulatur wegen mangelndem Training ebenfalls zurück, mit Folge einer weiter verminderten Gebrauchsfähigkeit des Beines. Schliesslich führen alle genannten Faktoren zu einer Instabilität des arthrotisch veränderten Hüftgelenkes, sog. Schlottergelenk. Im Endstadium der Coxarthrose kann es zu einer spontanen Einsteifung (Ankylose) des Gelenkes kommen.

 




Die Arthrose des Huftgelenks
Gonarthrose:

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