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II. Die Therapie der Gonarthrose



2.1 Konservative Therapie


Zu Beginn der Erkrankung können physikalische Therapie, Krankengymnastik und Gelenksinjektionen mit schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten die Symptome lindern. Schonung durch Entlastung z.B. mittels einer Gehhilfe ist möglichst zu vermeiden, wird aber oft durch die Schmerzen erzwungen. Kniehülsen und Knieführungsapparate können bei der Stabilisierung eines instabilen Kniegelenkes helfen und somit die Schmerzen lindern. Jedoch kann das Ziel einer konservativen Therapie nur die Schmerzlinderung sein, das Fortschreiten der Arthrose kann nicht entscheidend gestoppt werden.

2.2 Operative Therapie

2.2.1 Arthroskopische Verfahren


Es stehen verschiedene Methoden zur Auswahl, die sich in ihren Ansatzpunkten stark unterscheiden. Bei beginnender Arthrose ist es zunächst sinnvoll, sich mittels einer Kniespiegelung (Arthroskopie) einen genauen Überblick über das definitive Ausmass der Arthrose zu verschaffen, denn auch moderne bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRI) oder die Computertomographie können bis jetzt das Auge des Operateurs nicht ersetzen.

Im Zuge der diagnostischen Arthroskopie ist es möglich eine sogenannte Gelenkstoilette durchzuführen, d.h. störende Gewebe, wie einen ausgefransten Meniskus, Knorpelflocken, Knochenanlagerungen usw. zu entfernen und das Gelenk „auszuwaschen“. Auch kann während dieses Eingriffs schadhafter Gelenkknorpel entfernt werden. Eventuelle alte Läsionen die zu einer Instabilität des Knies und sekundär zu einer Arthrose führen, wie Kreuzbandriss oder Meniskusabriss, können repariert werden um einem eventuellen schnellen Fortschreiten der Arthose Einhalt zu gebieten. Doch sind diese Verfahren nur geeignet, die Symptome einer Gonarthrose zu lindern, sie sind definitiv nicht in der Lage, den bereits zerstörten Gelenksknorpel wiederherzustellen.

Möglich ist jedoch beschädigte Knorpelstellen oder bereits freiliegender Knochenflächen zum Überwachsen  mit einem Ersatzknorpelgewebe anzuregen. Dieses Ziel kann sowohl mit dem sogenannten shaving als auch mit der Knochenabrasion sowie mit dem sogenannten microfracturing oder oft auch durch eine Kombination von allen drei Verfahren erreicht werden. Diese Methode ist jedoch umstritten, da der gebildete Ersatzknorpel ein „minderwertiger“ Knorpel ist, der den Belastungen im Kniegelenk nicht vollumfänglich standhält.

Somit ist der Zweck dieser Verfahren eher in einem Zeitgewinn bis zur Implantation einer Prothese zu sehen. Interessant ist diese Alternative insbesondere für jüngere Patienten, für die eine Versorgung mit einer Endoprothese aus Altersgründen noch nicht in Frage kommt.

2.2.2 Umstellungsosteotomie

Bei Patienten mit einer Arthrose in nur einem Gelenkskompartiment auf Grund einer Achsenfehlstellung (X-Bein, O-Bein) kann durch eine sogenannte Umstellungsosteotomie die Beinachse korrigiert werden. Hierbei wird durch einen Schnitt durch den Knochen (je nach Arthrosentyp und Ausprägung Schienbein oder Oberschenkel) die Beinachse so verändert, dass nach der Operation die Belastung auf der gesunden Seite des Kniegelenks liegt. So wird z.B. aus einem O-Bein ein leichtes X-Bein  und die erkrankte Knorpelfläche erhält die Chance sich zu erholen (siehe Abbildung 2).


(Abbildung 2) Achsenkorrektur einer Varusfehlstellung (O-Bein) mit einer proximalen Tibiavalgisationsosteotomie mit einer Surfix Platte. Mit dieser Operationsmethode wird die Belastung des Kniegelenkes von der kranken Seite (Innenseite des Kniegelenkes) auf die gesunde Seite (Aussenseite des Kniegelenkes) verlagert: Die Schmerzen nehmen durch diese Massnahme ab und das weitere Fortschreiten der Arthrose  auf der kranken Seite wird verzögert.

Durch diese Operation bleiben die Patienten während 10 bis 15 Jahren beschwerdearm und können alle sportlichen Aktivitäten durchführen. Die Implantation einer Knieprothese kann hinausgezögert werden. Nachteilig ist, dass durch die fast ausschliessliche Belastung der „gesunden“ Anteile des Kniegelenks auch dort mit der Zeit arthrotische Veränderungen entstehen. Als letzte Möglichkeit die Schmerzen des Patienten zu behandeln bleibt nur der endgültige Ersatz der Gelenkflächen durch eine Prothese.

2.2.3 Kniegelenkprothese

2.2.3.1 Einleitung


Wenn die Gonarthrose trotz aller vorhergenannten Behandlungsversuche fortschreitet und der Patient weiterhin unter starken Schmerzen leidet, bleibt nur noch die Möglichkeit der Implantation einer Kniegelenkprothese (siehe Abbildung 3). Ziel ist die Schmerzfreiheit des Patienten im Alltag.

Der Fortschritt im Bereich der Materialforschung und auch die stetige Verbesserung der Operationstechniken haben dem Eingriff inzwischen den Schrecken der Anfänge in der Knieprothetik genommen. Mittlerweile ist die Haltbarkeit der Kniegelenkprothese so verbessert worden, dass eine Prothese bis zu 20 Jahre problemlos implantiert sein kann.


(Abbildung 3) Radiologische Aufnahme des Kniegelenks mit einer Stryker Scorpio Knieprothese.

Grundsätzlich gibt es verschiedene Prothesentypen, wobei der Hauptunterschied in der von der Prothese ersetzen Gelenkfläche liegt. Es gibt Teilprothesen (Schlittenprothesen), die nur den erkrankten Teil der Kniegelenksfläche ersetzen, aber mindestens eine Hälfte. Bei einer Totalendoprothese wird die gesamte Gelenkfläche ersetzt.

Ob die Kniescheibenrückfläche ebenfalls mitersetzt wird, hängt vom Mitbefall dieses Gelenkabschnitts ab. Bei der Operation wird in Voll- oder Teilnarkose die arthrotische Gelenkfläche entfernt und der Knochen weiter für die Implantation der Prothese vorbereitet. Anschliessend wird die Prothese auf den Knochen aufgesetzt und mittels eines speziellen Knochenzements verankert.

2.2.3.2 Wie erfolgreich ist diese Behandlung?

Das künstliche Kniegelenk liefert dank neuer, zuverlässiger Methoden heute exzellente Ergebnisse. Durch den Ersatz der Knorpelflächen mit Metall bzw. Plastikflächen (aus Polyethylen) kann der Schmerz vor allem für Alltagsbelastungen in der Regel zuverlässig beseitigt werden.

Auch steht einer leichten, vernünftigen sportlichen Betätigung (wie z.B. Schwimmen, Radfahren, Golfen, etc) nichts im Weg. Stärkere Belastungen wie etwa Kontaktsportarten, Marathonlauf, usw. sind aufgrund der Gefährdung im Hinblick auf eine Prothesenlockerung aber auch auf einen vermehrten Verschleiß des Polyethylens nicht empfehlenswert.

2.2.3.3 High Tech im Operationssaal – Computergestützte Navigation

In den letzten Jahren hat es die Medizintechnik verstanden neueste Technologien für die Knieendoprothetik nutzbar zu machen. Insbesondere die verwendeten Materialen, die Operationstechnik aber auch das Verständnis der biomechanischen Vorgänge im Kniegelenk haben enorme Fortschritte gemacht.

Technisch gesehen hängt der Erfolg eines Knieprotheseneinbaus in erster Linie von der korrekten Platzierung der Komponenten ab. Dies ist auch für einen erfahrenen Operateur nicht immer einfach. So müssen bereits bei der Vorbereitung des Knochens für die Implantation die korrekten Winkelverhältnisse berücksichtigt werden. Ziel ist es nämlich nach der Operation normale Achsenverhältnisse zu haben. Bei der Planung der Schnitte im Knochen helfen daher heute sogenannte computergestützte Navigationssysteme (z.B. Stryker Navigation System). Hierbei ist es möglich sich die Schnitte während der OP anzeigen zu lassen und vor allem das Ergebnis eines Schnittes überprüfen zu können.

Ebenfalls können die aus den Schnitten resultierenden Achsenverhältnisse sowie die Verdrehung der Komponenten untereinander noch während der Operation kontrolliert werden. Falls der Operateur aufgrund seiner Erfahrung mit dem Ergebnis der Berechnung nicht zufrieden ist können die verschiedenen Schnitte sofort ohne grossen Mehraufwand korrigiert werden.

Gängige konventionelle Implantationstechniken, also solche ohne den Einsatz eines Computers, verwenden intra- oder extramedulläre mechanischen Orientierungshilfen um die korrekte Ausrichtung der Prothese zu erreichen. Alle diese Systeme haben jedoch eine limitierte Genauigkeit. Gründe dafür sind zum einen, dass die Orientierung mehr vom Augenmass des Operateurs abhängt als von objektiven Referenzpunkten, zum anderen ist die Positionierung der Schnittblöcke nicht stufenlos sondern nur in vorgegebenen Abständen möglich.

Die Computernavigation bietet hingegen eine hohe Genauigkeit (moderne Navigationssysteme sind hoch präzise mit Abweichungen von 0.3 mm, z.B. Stryker Navigation System). In Symbiose mit der Erfahrung, der Routine und dem Gefühl des Operateurs wird so das Einbringen der Prothese in einer für den Patienten optimalen Position wesentlich erleichtert.

Ein weiterer Vorteil des computergestützten Navigierens ist, dass die Stabilität der Bänder ebenfalls während der Operation und im vollen Bewegungsumfang des Kniegelenkes  gemessen werden kann (Kinematik). Die Stabilität der Bänder im Kniegelenk ist nämlich für die Haltbarkeit  einer Knieprothese ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Instabilitäten durch inkorrekte Bänderspannung und die daraus resultierende ungleiche Belastung des Knies  unterliegen dem Risiko einer frühen Lockerung der Prothese. Ein optimaler Sitz der Prothese, das heisst korrekt wiederhergestellte Achsenverhältnisse, optimale Rotation des Implantates und exakte ligamentäre Verhältnisse sind daher essentiell für eine erfolgreiche Knieprothesenimplantation. So bedeuten nur geringste Abweichungen für den Patienten eventuell langjährige Schmerzen, daraus resultierende Fehlbelastungen, frühzeitige Lockerung der Prothese und so auch einen erhöhten diagnostischen und rehabilitationsmedizinischen Aufwand und schliesslich eine frühzeitige Re-operation. Zusammenfassend stellt die computergestützte Navigation also ein effizientes und kostengünstiges Mittel dar um die Prothese in optimaler Position zu implantieren.

Durch einen exakten Sitz der Prothese werden Schmerzen vermieden, die Prothesenstandzeiten verlängert und nicht zuletzt kommt es aus diesen Gründen langfristig zu beträchtlichen finanziellen Einsparungen im Gesundheitssystem.
Über allem gilt jedoch, dass ein computergestütztes Navigationssystem zwar eine grosse Hilfe darstellt, einen erfahrenen Operateur jedoch nie ersetzen wird.


2.2.3.4 Die Instrumente für die computer-navigierte Implantation einer Knie-TP mit dem Stryker-Leibinger System

 

 
Das Navigationsgerät der Firma Stryker –Leibinger mit einer Kamera und einem Infrarot-Empfänger.

 

 
Der "pointer": Mit diesem Gerät steuert der Operateur das Navigationsgerät vom Operationstisch aus.

 

 
Der "tracker": Er kommuniziert mit der Infrarotkamera des Navigationssystems und meldet die Position des Beins im Raum.

 


Übersicht über die Instrumente für die Navigation.

 


Das Navigationsgerät der Firma Stryker – Leibinger: die Kommunikation zwischen trackers, pointer und Kamera erfolgt mittels Infrarot. Das Gerät wandelt alle Daten mit speziellen Algorithmen um und stellt sie auf dem Bildschirm für den Operateur dar.

 

 

Der Computer berechnet mit einem Algorithmus die Koordinaten des Ober- und Unterschenkels. Hier am Beispiel des Oberschenkels: Drei-Dimensionale Darstellung des Kniegelenkes.

Hier am Beispiel des Unterschenkels.

 

Die Arthrose des Kniegelenks
Gonarthrose:

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